Entstehung meiner Tierpension

Schon immer wollte ich ein Buch schreiben und nie war wirklich Zeit dafür. Nun könnte man meinen: Für das, was einem wichtig ist, nimmt man sich die Zeit“. Das funktioniert aber nur sehr bedingt. Schreibt man ein Buch, dann muss man dabeibleiben können, braucht einen freien Kopf und kann nicht laufend, während dem Schreibfluss, gestört werden. Als absolute Alleinerzieherin von drei Kindern und durch meine Tierpension wäre es schier unmöglich gewesen, entsprechend zu texten. Nicht nur die tierischen, sondern auch menschlichen Mitbewohner und Kunden trugen Schuld an diesem echten Zeitmangel. 

Auch meine Telefonanlage, die Türglocke und die Postfächer im Computer verhinderten intensiveres Ausleben meines Hobbies. Nun bin ich Pensionistin, und habe endlich die Muße „mein Werk“ zu Papier zu bringen.

 

Wie kam es dazu, eine Tierpension ins Leben zu rufen?

 

Im Land Salzburg gab es 1996 keine vernünftige Hundepension. Für Tierhalter, die ihr Tier unterbringen mussten, existierten in Salzburg nur zwei Tierheime und ein Katzenhotel. Das war alles. Die meisten Tierhalter brachten die Haustiere heimlich „privat gegen Bezahlung“ zu Einrichtungen, die wohl offiziell nie genehmigt worden wären. Zwei davon hatte ich besichtigt und war entsetzt. Die Zwingerverschläge waren schmutzig, viel zu klein und die Betreiber unsympathisch. Niemals hätte ich einen meiner Hunde dort hin gegeben.

 

Zehn Monate lang suchte ich intensiv ein passendes bestehendes Objekt zur Miete oder ein Grundstück für einen Neubau. An eine Tierpension vermieten wollte, verständlicher Weise, niemand - so blieb nur die Option des Neubaus. Da wir bereits 1996 ein Einfamilienhaus gebaut hatten, war nach so kurzer Zeit nochmals zu bauen eine nervliche Herausforderung.  Im Siedlungsgebiet wäre der Bau einer Tierpension nicht möglich gewesen, sondern ich musste ein passendes Gewerbegrundstück finden.

 

Es stellte sich heraus, dass es das Sinnvollste war, noch vor Grundstückssuche, erst den jeweiligen Bürgermeister der entsprechenden Gemeinde zu involvieren. Die Suche scheiterte meist schon beim ersten telefonischen Kontakt. Die Bürgermeister erklärten umschrieben höflich, mittel freundlich oder sehr direkt: "Sowas wollen wir in unserer Gemeinde nicht haben."  Wahrscheinlich fürchteten sie eine höhere Lärmbelastung. Nur drei Gemeinden, im Umkreis von 80 Kilometern, boten Grundstücke an: 1.) Auf einem Gewerbegrund stand mittendrauf ein Strom-Mast mit dicken Hochspannungsleitungen. Wenn man unter den Leitungen stand surrte es kräftig. Kein Wunder, dass das keiner kaufen wollte. Wir auch nicht. 2.) Ein anderes Gewerbegrundstück war mitten im Wald gelegen, wo die Sonne erst sehr spät auf - und früh unterging. In absoluter Alleinlage (Einöde), ohne Spielgefährten für Kinder, Schule, Busverbindung oder Nahversorger. 3.) Das Grundstück, welches von uns gekauft wurde, entdeckte ich über die Firma "Land-Invest" und war optimal gelegen. Ich fürchtete mich schon vor dem Telefonat mit dem Bürgermeister. Oh Wunder! Er meinte, eine ähnliche Einrichtung mit "Partnerhunden" hätte bereits ein anderes Objekt bewilligt bekommen und wäre kurzfristig abgesprungen. Seine Meinung war: "Ihr seid ja sowas ähnliches. Wenn euer Nachbar dort einverstanden ist, könnt ihr es kaufen."  Nun mussten wir nur noch den Nachbarn überzeugen und dieser stimmte zu. Die fünfköpfige Familie betrieb ein Taxiunternehmen und sie meinten, dass sei ihnen lieber als z. B. eine Tischlerei und deren Kreissägen. HURRA! Wir kauften ein Grundstück in Neumarkt am Wallersee.

 

Der Neubau des Hundehotels entstand in Rekordzeit

 

Die Bauzeit für die Riesenanlage, mit über 600 m2 Innenraum, war rekordverdächtig. Der Spatenstich fand am 1. März 1998 statt - der Einzug war am 1.September.1998. Das waren nur 6 Monate Bauzeit. Nicht, weil wir so schnell bauen wollten - sondern weil wir das mussten. Die Schule fing im September an und meine Kinder sollten, in ihren verschiedenen Schulen, nicht mitten im Jahr die Klasse wechseln müssen. Als wir übersiedelten hatten wir noch keine Innentüren, keinen Außenputz und nur eine Baufahrzeug-Straße. Wir lebten mit einer provisorischen Küche und vieles andere fehlte noch. Aber die wichtigsten Räume waren bewohnbar. Wer braucht schon ein Wohnzimmer?

 

Mein Ex-Mann und ich waren die ersten, die in unserem Bundesland eine reine Hundepension beantragten. Als ich meine Betriebsstätte 1998 genehmigen ließ, hatten die Behörden daher ungewöhnliche Arbeit, um uns die erforderlichen Bewilligungen auszustellen. Das war bestimmt keine einfache Aufgabe für unser zuständiges Amt. Wenn ich meine uralte, mehrseitige Betriebsstätten-Genehmigung mit den heutigen Geboten bei anderen Tierpensionen vergleiche, muss ich lächeln. Was wurde uns nicht alles vorgeschrieben: 240 cm hohe - nach innen gekröpfte - Zaunanlage, immer zwei qualifizierte Betreuer auf der Anlage, 80 cm tiefes sehr breites Fundament, Krankenstationen, Quarantänestationen und vieles mehr. Die Anforderungen an Tierpensionen wurden im Laufe der Zeit sehr gelockert. Bei uns wurden damals mindestens so hohe Auflagen, wie die eines Tierheimes, gestellt. In den Geboten fand sich viel Sinnvolles - aber auch einiges an totalem Quatsch, was in der Praxis undurchführbar wäre. Als Beispiel: "Es müssen, während der Fütterung, immer zwei qualifizierte Mitarbeiter unmittelbar anwesend sein." Wie sollte das funktionieren ? Was, wenn man schlanke Hunde oder ein Welpenrudel hätte, wo man das Futter den ganzen Tag stehen ließ?  Bei der Fütterung meiner Gäste hatte ich mit meinem System nie Probleme. Gesetz hin oder her. Gottlob, wurde diverses seitens der Amtsorgane nie kritisiert, dachten doch diese auch praxisnah und vernünftig.

 

Sechs Monate durfte meine Anlage sogar den Titel „Tierheim Flachgau für Stadt und Land Salzburg“ tragen. Als junge Frau wollte ich mir mal beweisen: „Ich kann auch ein Tierheim leiten.“ bzw. mache den Job besser als bestehende Einrichtungen. Auch hoffte ich auf finanzielle Unterstützung seitens des Bundeslandes Salzburg. Da keinerlei finanzielle Hilfe ankam, sondern nur noch mehr zusätzliche Aufzeichnungs-Pflichten, legte ich diesen negativ klingenden Titel gerne wieder ab. Ich hatte stolz bewiesen, meine Anlage konnte das auch – das reichte.

 

Ich hätte vor 30 Jahren nicht im Traum daran gedacht, mal Eigentümerin einer Tierpension zu sein. Beruflich bedingt, glänzte ich damals, als Sekretärin, meist mit fein lackierten Fingernägeln und modischer Kleidung. Mein Leben ging später andere wundervolle Wege. Um zu verstehen, wie mein Hobby zum Beruf wurde, muss ich weiter ausholen.

 

Als Kind hätte ich so gerne einen Hund gehabt

 

Ich war schon als Kind sehr tierlieb, jedoch – bis auf mehrere Streifenhörnchen und einen Hamster für meine Schwester - lebten damals keine Tiere in unserem Haushalt. Gerne besuchte ich die umliegenden Bauernhöfe und durfte Pferde an der Longe führen, Kühe füttern oder Katzen streicheln. Was beneidete ich den Buben, der in unserem Zwölf-Parteienhaus lebte und eine kleinere Labradormischung, namens LOLA, hatte oder auch die ältere Frau mit ihrem grauen Pudel.

 

Gut erinnere ich mich an die Zeit, wie ich als Kind oft mit dem Fahrrad zum Tierheim Salzburg fuhr. Durch eine winzig kleine Öffnung an der Plane des Tierheimzauns erspähte ich einen wunderschönen großen schwarzen Schäfermischling, den ich immer wieder besuchte. Ich hätte mir so sehr einen Hund gewünscht, wagte aber gar nicht danach zu fragen. Heute verstehe ich, dass es nicht möglich war, einen Hund in unsere Familie zu nehmen. Meine Eltern waren berufstätig und wir beiden Kinder schulpflichtig. Wir lebten in einer Mietwohnung, wo zwar Haustiere erlaubt waren, jedoch nur wenige ein Haustier hatten. Ich hätte so gerne einen Hund gehabt. Wenn TV-Filme mit Hunden gesendet wurden, sah ich diese mit Spannung und oft Tränen in den Augen. Was beneidete ich diese Menschen, die einen Hund hatten.

 

Als Kind verstand man die Situation nicht wirklich, sondern ich fragte mich: „Warum kann das Nachbarkind einen Hund haben und ich nicht?“ Wichtig wäre es gewesen, Eltern zu haben, die sich mit meinen Interessen beschäftigt hätten. Ich hatte das leider nicht, sondern wurde mit Drill erzogen. Ich hätte mich gar nicht getraut, meinen Herzenswunsch auch nur zu sagen. Glücklich sind die Kinder, denen kindgerecht erklärt wird, warum die Haltung eines Hundes nicht möglich war. Natürlich machte ein Hund Arbeit, Schmutz und man brauchte Zeit. Ich hätte das bestimmt verstanden. Ich musste diesen Bereich, so wie viele andere Themen, immer mit mir selbst ausmachen.  

 

Endlich erwachsen, musste mein Traum auch hintangestellt werden. Mit meinem Beruf als Sekretärin und einer kleinen Wohnung wäre es unmöglich gewesen, einem Hund gerecht zu werden. Als mein drittes Kind zur Welt kam und wir 1996 am Land ein eigenes Haus bauten, war abzusehen, dass ich wohl längere Zeit nicht zu einer Arbeitsstelle fahren würde. Ich arbeitete von Zuhause aus. Da wünschte ich mir natürlich einen tierischen Begleiter.

 

Eine herzliche Entscheidung

 

Nach Diskussionen mit meinem Ex-Mann wurde der Entschluss gefasst, mit einem Hund unsere Familie zu bereichern. Es sollte ein Welpe sein, da meine Kinder mit 1, 3 und 11 Jahren, noch klein waren. Ich hätte mich nicht getraut, einen erwachsenen Hund mit Vorgeschichte zu nehmen. Es sollte ein/e kleine/r-bis mittelgroße/r Kamerad/in sein - maximal so groß wie ein Cockerspaniel. Mangels Hundeerfahrung, traute ich mir keinen großen Hund zu, mit dem man gezwungen wäre, eine Schule zu besuchen. Ich hatte von Hundeerziehung überhaupt keine Ahnung. Ich wusste, wenn wir einen Hund aufnahmen, gab es kein Zurück. Niemals hätte ich ein Familienmitglied weggegeben. Deswegen sollte es für unsere Familie als erster Hund lieber einen kleinerer „Anfängerhund“ sein.

 

Das Inserat „Mischlingswelpen zu vergeben“ lockte uns zu einer Familie in Salzburg. Wir wollten uns die, erst fünf Wochen alten, Welpen "nur mal ansehen". Deswegen nahmen wir unsere Kinder nicht mit, denn bei den Kindern wäre wohl jegliche Vernunft weg. :) Ich muss nicht betonen, dass es nicht beim Ansehen blieb. Als der Wurf mit acht Welpen auf uns zugestürmt kam, war es mit meiner Geistesstärke völlig vorbei. 

 

Die Eigentümer zeigten uns erst die Mutterhündin. Sie war eine brave, reinrassige, schwarze Labradorhündin. Der Vater war unbekannt. Nachdem ich zaghaft meinte, dass ein Labrador im Grunde zu groß wäre, wurde mir, seitens der Eigentümer, gesagt – der Vater wäre bestimmt kleiner gewesen und die Welpen würden wohl nicht so groß. Weiters hätten wir ja Haus mit Garten und „paar Centimeter mehr“ wären doch egal. Ich war den Verkäufern sympathisch und sie mir auch. Dann zeigten sie uns die Welpen. Meine Güte, waren sie alle niedlich.

 

Man diskutierte überhaupt nicht weiter über die Größe, denn ich war bereits mehrfach verliebt. Ich war belagert von lieben, weichen, niedlichen Geschöpfen - ein Welpe war hübscher als der andere. Wir erwählten ein hübsches mehrfärbiges Männchen. Es war der erste, der auf Rufen mutig heranraste und sich mit seinen Zähnchen in meinen langen Haaren verfing. Ich meinte: "Das ist wohl ein himmlisches Zeichen!"  Wir reservierten unseren Welpen mittels Anzahlung. Die Verkäufer freuten sich, so ein liebevolles, schönes Zuhause für einen ihrer Lieblinge gefunden zu haben. Es hieß: Wenn er elf Wochen alt ist, könnt ihr ihn abholen.

 

Unser neues Familienmitglied zog ein

 

Ich kaufte ein kleines, mit weichem Filz gefüttertes, Halsbändchen, mit einer Adresstube und einem Zettelchen. Auf das Papier schrieb ich "DINO" und unsere Anschrift mit Telefonnummer. Das legte ich in einen Briefumschlag und drückte es meinem ältesten Sohn (wortlos mit einem Zwinkern) in die Hand. Die Freude war übergroß und wir alle zählten die Tage bis zur Abholung. Vorher unternahmen wir noch einen einwöchigen Familien-Badeurlaub und ein paar Tage drauf könnten wir unseren DINO dann zu uns nehmen. Wenn unser Welpe dann bei uns wäre, würde ein Urlaub wohl schwerlich möglich sein. Bei der Heimreise aus Italien kauften wir ein offenes Transport-Bast-Körbchen und ein weiches Schaffell, weil uns gesagt wurde, dass unser Welpe gerne drauf liegt. So gewappnet fuhr die ganze Familie zur Abholung.

 

Was soll ich schreiben? DINO passte nicht in das Körbchen. Er war mit seinen elf Wochen, bereits größer als ein Cocker. Das spielte aber keinerlei Rolle – meine Güte – war er niedlich. Nicht nur die Kinder waren begeistert. Wir nahmen ihn auf der Rückbank auf den Schoß und auf ging es – in das neue Zuhause von DINO.

 

Daheim angekommen, wurde mir von den Nachbarn empfohlen, zu einem speziellen Geschäft zu gehen. Ein Lebensmittelhändler, der aktives Mitglied eines Hundevereins wäre und einiges an Zubehör verkaufte. Der würde mir schon das "Richtige" geben. Ich solle unseren DINO am besten dorthin mitnehmen. Gesagt getan: Ein paar Tage später waren DINO und ich im empfohlenen Geschäft. Der Lebensmittelhändler verschwand im Lager und kehrte mit einem passenden Korb (nicht Körbchen) zurück. Nachdem der Korb eine Länge von 102 cm hatte, fragte ich ihn, ob er sich nicht geirrt hätte. Er nahm ein Vorderpfötchen in die Hände, drehte es leicht hin und her und meinte – wortwörtlich – „Da wächst er rein“. Das war der Tag, an dem mir klar wurde, dass wir nun einen großwüchsigen Hund haben. Das war auch der Tag, an dem ich merkte, dass es mir völlig egal war, wie groß er werden würde. Wir liebten unseren „kleinen“ DINO.

 

Heute lächle ich – was war ich unerfahren! 

 

Unser Welpe DINO veränderte unser Leben. Er war der liebste und schönste Hund von allen und toller Spielgefährte für die Kinder. Allerdings konnte er nicht alleine schlafen, buddelte im Rasen, grub frisch eingesetzte Obstbäume aus und rannte mit ihnen im Maul durch den Garten, knabberte Möbel an, bellte-heulte fürchterlich, wenn er kurz alleine bleiben musste, hatte äußerst scharfe Zähnchen, war anfangs nicht stubenrein, war auf Schritt und Tritt überall dabei (außer er schlief) und vieles mehr. Später zerlegte er zwei Hühner des Bauern und die ursprüngliche Höhe unseres Maschendrahtzaunes von 120 cm stellte keine Herausforderung für DINO dar. Es stellte sich immer mehr heraus, dass er wohl der mutige Alphahund seines Wurfes gewesen sein dürfte (bei Besichtigung war er der erste, der gerannt kam und sich in Haaren verfing). Wie auch immer: Wir liebten ihn.

 

Als DINO zehn Monate alt war und bereits 30 Kilo wog, waren Spaziergänge an der Leine schier unmöglich und ich entschloss mich, einen "Abrichtekurs für Hunde aller Rassen" zu besuchen. Der „Alpha-Hund“ wurde mir von Fachleuten des Hundevereins bestätigt und das gefütterte Halsband wurde im Training gegen eine ordentliche Langgliedkette getauscht. Ich musste mit meinem "charaktervollen" Hund viel mehr lernen als andere. Ich war ehrgeizig und übte täglich. DINO war der Hund des Vereins, um den ich bemitleidet wurde. Immer hieß es: "Der Hund braucht mehr Druck."  Viele meinten, dass er niemals durch die Begleithund-Prüfung kommt. NEIN – so leicht gab ich nicht auf! Meine Kritiker kannten meinen ehrgeizigen Charakter wohl noch nicht?

 

Ich übte und übte und übte. Meist auf den frischgemähten Wiesen der Bäuerin, die ihr OK dazu gab. Auch sie war daran interessiert, dass dieses „Teuferl“ aus der Siedlung, erzogen wird und keine Hühner mehr „zerlegt“. Manchmal fuhr ich mit ihm auf den Abrichteplatz, wenn kein anderer trainierte. Das Team „DINO & ICH“ erreichte den dritten Platz bei der Abrichte-Prüfung. Wir gewannen auch später noch Preise, aber dieser allerersten Pokal, war der einzige, den ich mir immer behalten hatte. Als die Unterordnung von DINO sehr gut war, besuchte ich eines Tages mit ihm die Bäuerin und ging leinenlos mit "FUSS" durch ihr Geflügelgehege. Die Ausbildung hatte sich bezahlt gemacht und die Bäuerin war wahrlich begeistert.

 

Die Gemeinschaft im Hundeverein machte mir Freude und gerne ging ich mit DINO wöchentlich zum Training samt anschließendem Plausch mit meinen Hunde-Freunden. Die Unterordnung wurde immer perfekter und ich musste mich für eine Richtung im Hundesport entscheiden: Schutz oder Agility? Für das Turnen mit Geräten war ich selbst zu unsportlich bzw. mein Hund zu schnell und mutig. Wir entschieden uns daher für die Schutzarbeit. Das wöchentliche Training hatte zur Folge, dass DINO immer besser wurde und zu Turnieren in der Unterordnung und im Schutz antrat. Irgendwann hieß es: Wer das nächste Turnier in der Unterordnung gewinnt – der/die leite/t den nächsten Begleithund-Kurs. Wahrscheinlich ahnte das mein Verein: Ich gewann und so nahm alles weitere seinen Lauf. Ich besuchte ein Kursleiter-Seminar des Hundevereins und leitete in weiterer Folge Gruppenkurse für Anfänger.

 

Das Hundehotel entsteht

  

Eine meiner Schülerinnen bat mich tagsüber auf ihre Collie-Hündin aufzupassen, weil sie nicht alleine in der Mietwohnung bleiben konnte. Sie bellte und jaulte, wenn sie allein gelassen wurde. Da akzeptierten (zu Recht) die Nachbarn nicht. So lebten bei mir grundsätzlich zwei Hunde. Dann wollten wir selbst auf Urlaub fahren. Die Frage war: „Nehmen wir DINO mit?“ So leid es mir tat, aber mein großer Hund hatte „Pfeffer“ und hätte einen eigenen Sitter gebraucht. Er war zwar sehr gut erzogen und wäre auf mein Kommando liegen geblieben. Bei Camping hätte er aber bestimmt nicht gemütlich herumgelegen, sondern garantiert aufmerksam das Zelt bewacht. In einem Hotel hätte ich ihn auch nicht alleine lassen wollen, weil er bestimmt geheult hätte. Fazit: Mit Ex-Ehemann, drei Kindern und DINO war kein netter Badeurlaub möglich, sondern wäre garantiert purer Stress geworden. Wir versuchten das erst gar nicht.  

Da DINO nicht kastriert war und nur sehr bedingt verträglich mit großen Hunden, fiel mein Hundeverein mit seinen vielen Schäferhunden, als Betreuungsmöglichkeit aus. Die Betreuung in einem Zwinger oder Tierheim wäre nie in Frage gekommen. Hundepensionen gab es weit und breit keine. Ich sah mir widerrechtliche private „Anbieter“ an und war erschreckt. Niemals hätte ich meinen Hund dort hingegeben. Auf gar keinen Fall wollte ich meinen geliebten DINO in Zwingerhaltung wissen. Lieber hätte ich auf meinen Urlaub verzichtet. Obwohl einige Verwandte im Umkreis lebten, konnte doch keiner auf unseren DINO aufpassen. 

  • Der eine wohnte zur Miete, in welcher Haustiere nicht erlaubt waren.
  • Bei der anderen fürchtete sich der Ehepartner und meinte: „Wenn der große Hund einzieht, ziehe ich aus!“
  • Ein Verwandter hatte Haus mit Garten, jedoch nicht ausreichend eingezäunt
  • Ältere Leute wollte ich nicht bitten, da DINO sehr kräftig war und nur mit jemandem ordentlich an der Leine ging, der vom Abrichten Ahnung hatte.
  • Es war auch nicht nur mein DINO, sondern ggf. tagsüber auch der Hund meiner Schülerin zu betreuen

Wir schalteten eine Kleinanzeige und suchten auf Gegenseitigkeit jemanden, der unseren Hund betreut. Die Idee war: Man würde sich beim Urlaub absprechen und Mal nimmt der/die Eine unseren DINO und dann im Gegenzug wir deren Hund als Gast. Es meldeten sich zahllose Hundefreunde mit dem gleichen Problem. Mein dritter Hotelgast war ein Notfall: Eine brave Mischlings-Hündin, wo die Eigentümerin kurzfristig ins Krankenhaus musste. Ob ich nun 2 oder 3 Hunde im Haus hatte, war dann auch schon egal. Dann hieß es: "Ob 6 oder 7, ob 10 oder 12 und so weiter …."  So kam es, dass sich unser Einfamilienhaus nach und nach mit immer mehr Hunden füllte. Wir verreisten überhaupt nicht mehr gemeinsam und letztendlich bauten wir 1998 nochmal neu - die erste Hundepension in Salzburg.

 

Es wurde ein riesiges Wohnzimmer

 

Wie sollte man ein liebevolles Haus für Rudeltiere bauen, welches auch die behördlichen Anforderungen erfüllte? Im ersten und zweiten Stockwerk lebte meine Familie. Die Innenraumplanung war für den menschlichen Bereich unproblematisch. Im Erdgeschoss sollten die Hunde leben. Den optimalen Hundebereich zu entwerfen war fordernder. Ich fand in Büchern unterschiedlichste Unterlagen, wo komplette Baupläne von Tierheimen zu finden waren. Die meisten zeigten, neben dem Hauptgebäude mit Wirtschafträumen, Büro, Quarantäne- und Krankenstationen nur lange Zwingerreihen. Das kam für mich überhaupt nicht in Frage. Im Grunde wollte ich so leben wie vorher, nämlich alle Hunde um mich haben. Ich legte all die empfohlenen Baupläne beiseite und entwarf den Hundebereich für meine Bedürfnisse völlig neu.

 

Eine gemütliche Atmosphäre im Einklang mit den behördlichen Vorschriften entstehen zu lassen, war nicht einfach. Es mussten, neben dem Boden, auch die Wände auf 200 cm hoch gefliest sein. Überall sollten als Abschluss Hohlkehlleisten und ein Ablauf für das Abwasser in den Boden verlegt werden. Dazu kam noch die stabile Vergitterung. Alles musste desinfizierbar und unzerstörbar sein. Wie bringt man so wohnliche Behaglichkeit in seinen Bauplan?  Auch war es eine Kostenfrage, denn wir hatten das Bauvorhaben sehr knapp kalkuliert. Es gab da noch das erste Eigenheim, welches mit Verlust verkauft werden musste. Das Glück einer großen Erbschaft oder eines Lottogewinns hatte ich nicht, sondern fing mit einem gewaltigen Minus an.

 

Getrennt, aber doch gemeinsam

 

Nach vielen verschiedenen Zeichnungen wurden immer mehr Wände auf meinem Bauplan ausradiert. Übrig blieb, dass nur das abgemauert wurde, was die Behörde unbedingt vorschrieb. Das Ergebnis war: Die Hunde lebten im Erdgeschoss in verschiedenen Halb-Zimmern zusammen, mit 200 cm Wänden oder, wegen der Statik, raumhoch auf 260 cm getrennt. In die günstigen weißen Wandfliesen wurden wenige bunte teure glänzende Fliesen und Poster, hinter Plexiglas, eingearbeitet. Über den Fliesen sah man eine heimelige Holzverschalung. Die Innengitter waren so breit wie irgend möglich, demnach 200 - 350 cm. An den Außentüren wurden Stores und Hundeklappen montiert, sodass die Hunde selbständig in die geschotterten Außengehege laufen konnten.   

 

Da der gesamte Innenbereich des riesigen Wohnzimmers etwa 120 m2 groß war, wurde in der Mitte der sogenannte Spielbereich eingerichtet. Von da aus konnte man direkt in jedes andere halboffene Zimmer gehen. Ich wählte als Farbe für die Wände "schieferblau", welches optisch super zu Holz passte. Zwecks der Statik des riesigen Raumes waren zwei Säulen nötig, die ebenfalls mit einer Holzverschalung verbaut waren. Da stand neben einer Ledercouch mit hübscher Decke, ein moderner Hänge-Fernseher, ein gerahmtes Bild, viele Kästen, eine Sound-Anlage und zeitweise Grünpflanzen, ein Tischchen auf Rollen und ein Klavier. Es sah schon toll aus.

 

Wichtig war mir auch, dass ich meine Schützlinge im Innenbereich immer sehen konnte. Dazu waren zwei Glastüren und überdimensionierte feststehende Fenster montiert. Von meinem Schreibtisch aus, sah ich alle meine Gäste. Auch Kunden konnten so gut besichtigen, ohne den eigentlichen Hundebereich betreten zu müssen. 

 

Meine vierbeinigen Gäste, die eigenen Haushunde und ich lebten zwar voneinander getrennt, aber doch irgendwie alle gemeinsam. Der Hundebereich sah aus wie ein großes Wohnzimmer und war mit sehr netter, fröhlicher, vierbeiniger Gesellschaft gefüllt. Der Bau war komplett anders als jede andere Tierpension geworden und erfüllte doch die behördlichen Auflagen. Ich war mit meinem Werk zufrieden.