Mangelnde Hundeerziehung

Um nicht laufend das gleiche sagen oder schreiben zu müssen, waren Blogbeiträge meiner Homepage, auf die man verlinken konnte, äußerst hilfreich. Wurde ich zu Hundeschulen befragt, bat ich die Kunden, sich diverse Texte erst in Ruhe durchzulesen. Etwaige weitere Fragen beantwortete ich später gerne telefonisch oder persönlich. Es dauerte lange, bis ich meine Meinung zu Hundeschulen niederschrieb. So wie die Erziehung der Vierbeiner zu der Zeit gehandhabt wurde, sollte es nicht weiter gehen. Immer mehr unerzogene Fellchen wurden auf die Welt losgelassen. Die Tendenz war leider steigend.

Es gab zum Thema Hundeerziehung viele Meinungen. Meine persönliche war bestimmt nicht „das Maß aller Dinge“. Auch wollte ich nicht behaupten, die weltbeste Hundetrainerin zu sein – ich durfte in Vereinen eine Menge Hundefreunde kennenlernen, die „einiges am Kasten“ hatten. Mein Beitrag sollte daher keine wissenschaftliche Abhandlung über Hundeerziehung werden. Sowas könnte auch niemand schreiben. Aufgrund des Charakters des Tieres sowie Besitzers war jeder Hund anders zu führen. Weiters gab es zwei Lager: Die antiautoritären Rütter-Befürworter und die tonangebenden Milan-Freunde. Die Wahrheit lag wohl irgendwo in der Mitte. Ich tendierte stark zu den dominanteren Praktiken des Herrn Milan. Beide sah man in Fernsehsendungen.

 

Es war auffallend, dass Hunde immer schlechter ausgebildet wurden

 

Es erinnerte einen schon fast an die derzeitige Menschenschule, wo nach acht (!) Jahren Pflichtschule, manche Kinder noch nicht Mal zusammenhängend lesen - geschweige denn richtig schreiben – konnten. Die Handschriften der Schulabgänger hatten oft keine eigene Note, sondern waren nicht ausgeschriebene Krakel. Das war kein Wunder, denn in vielen Lehrbüchern waren nur einzelne Worte zum Einsetzen. Einige Schulen arbeiteten schon frühzeitig mit Tastaturen am PC. Woran auch immer das liegen mochte? Bei Hunden war es früher selbstverständlich, dass der Besitzer eines großen Hundes einen nahgelegenen Abrichtekurs "für Hunde aller Rassen" besuchte und zur Abschlussprüfung antrat. Nun gab es immer mehr Hundehalter, die überhaupt keine Ausbildung machten oder "private Einzelstunden" bei Hundetrainern absolvierten. Woran auch immer das liegen mochte? 

 

Bei Hunden war das immer schlechtere Ausbildungsniveau fatal und es landeten vermehrt völlig unerzogene Fellchen in Tierheimen. Einen Hund bezeichnete ich nur dann als "gut erzogen", wenn er auch unter starker Ablenkung händelbar war und das konnte man grundsätzlich nur in einer Hundegruppe perfektionieren. Daheim alleine im Garten folgte (fast) jeder Hund sehr schnell. Obwohl ich selbst gut mit Hunden umgehen konnte, war ich mit ein paar meiner hauseigenen Wölfchen in fremde Kurse gegangen - eben damit ich diese Ablenkung hatte - oder hatte meine Hotelgäste, samt meinem menschlichen Team, auf meine eigene Ausbildungs-Wiese geholt. Abrichten in der Gruppe hing viel vom jeweiligen Trainer ab und konnte viel Spaß machen.

 

Multitalentierte Tausendsassa:  Man kann viel - und nichts richtig

 

Wie Blümchen auf der Wiese sprossen immer mehr „Hundeflüsterer“ hervor. Manchmal waren sie nur durch einwöchige „Kurse zum Hundetrainer“ behördlich berechtigt – um dann als "Profi" auf die Welt losgelassen zu werden. Manchmal gepaart mit einer Unmenge an weiteren, mit Urkunden belegten, Kursen über „Tiermassage“, „Tierenergetik“ oder „Tierpsychologie“ u.v.m.. und/oder Besuchen von Vorträgen diverser selbsternannter "Hundeexperten". Viele dieser Trainer hatten selbst noch nie einen eigenen Hund zu einer Prüfung geführt. Manch ein/e Trainer/in hatte noch nicht mal selbst einen Hund oder wenn, dann einen unerzogenen. Wenn ich schon die verdeutschten Ausdrücke für z. B. Spaziergänge (dog walking) las, stellten sich mir die Haare auf.

 

So lieb ich unsere Jugend hatte, jedoch konnte mir niemand der unter 30 Jahre alt ist erzählen, genügend praktische Erfahrung mitzubringen, um ein guter Hundetrainer zu sein. Hier fehlte es einfach an der Zeit - da halfen alle Kurse der Welt nichts - die nötige Praxis konnte er noch nicht haben. Franchise-Systeme, die durch Werbung moderne Schulen anpriesen, ließen sich Fortbildungen ihrer tierlieben "Trainer", welche gerne ihr Hobby zum Beruf machen wollen, teuer bezahlen. Die Schule fand teils sogar nur mit E-Learning und einer einzigen Praxis-Stunde statt. Dass ihr geschützter Name verwendet werden durfte, kostete  oft einiges an "Lizenzgebühren". Es half trotzdem nichts - die  langjährige praktische Erfahrung fand man nicht in Büchern oder Vorträgen. Die Urkunden "Tiertrainer" konnte man sich entweder an die Wand nageln - oder besser in eine Tonne werfen. Es gab auch Menschen, die charakterlich völlig ungeeignet waren, den Beruf eines Hundetrainers auszuüben. 

 

Der Traum mit Tieren zu arbeiten

 

Es war mir klar, dass es wenig gute Ausbildungsplätze in Tierberufen gab. Sehr viele Menschen wollten gerne mit Tieren arbeiten. Tierpensionen und ZOO´s hatten eine ellenlange Liste von Bewerber/innen. Der Beruf des Tierpflegers erforderte einiges an "Köpfchen" und hieß nicht nur Tierchen streicheln. Schwerer Schulstoff war jahrelang zu büffeln.

 

Ein guter Tierbetreuer konnte nicht nur "Einfaches". Er kam mit JEDER Lage zurecht und konnte JEDEN Hund oder Katze betreuen. Ein Tierpfleger konnte auch Kämpfe schlichten oder schwerverletzte Tiere direkt vom Operationstisch übernehmen. Viele Besitzer waren nicht fähig, die Wunden nachzubehandeln. Zum ausgebildeten Tierpfleger gehörten viele Aufgabenbereiche und dieser musste  JEDE  (!!!) Situation beherrschen können. 

 

Arme Hundebesitzer - Arme Hunde

 

Der einfachere Weg war, teure Kurz-Seminare zum "geprüften Hundetrainer" zu besuchen und dann vielleicht mit den Urkunden in das freie Gewerbe als Jung-Unternehmer oder "Start-Up" einzusteigen.

 

Man fand unter den Tiertrainerberufen: Hundetrainer, Tierpsychologen, Hundeverhaltensberater, Assistenz-Hundetrainer, Tiergestützte Sozialarbeit und Hundegesundheitstrainer. Dazu gab es noch die Tiergesundheitsberufe: Tierphytotherapeut, Tierphysiotherapeut, Tierakupunkteur, Tierheilpraktiker, Tierhomöopath und Ernährungsberater. Weiters auch Managementberufe wie Hundetouristikmanager und Hundevereinsmanager. Neben den Hundewissenschaftlern auch die Anatomie Physiologie und allgemeine Pathologie für Hunde. Ganz schlimm waren auch die Tierenergetiker und Tierastrologen.   

 

Das konnte es doch nicht sein? Ich bat inständig drum, mich bloß mit so Zeug in Ruhe zu lassen. NEIN .... ich empfahl NICHT weiter …. ich legte KEINE Visitenkarten auf …. ich arbeitete NICHT zusammen. Ich würde mir nie wieder Vorträge über "Reinkarnation" verstorbener Hunde anhören. Bislang konnte mich noch kein einziger Vertreter dieser modernen Berufsgruppen überzeugen.

 

Dabei wäre es so einfach. Ich lernte viele Hundetrainer größerer Vereine kennen, die kostengünstige Gruppenkurse abhielten. Mit einfachen Mitteln, wurden in guten Vereinen prächtige Begleiter ausgebildet – und das ganz ohne spezielle Zettel.

 

Antiautoritäre Hundeschulen waren "IN"

 

Weil es mich interessierte und ich offen für Neues war, hatte ich mir selbst in Wien ein dreitägiges Seminar über "gewaltfreies Abrichten ohne Leine“ angesehen. Das schien für mich, als der Typ, der seinem ersten Hund ein mit Filz unterlegtes Halsbändchen kaufte, höchst interessant. Die Enttäuschung! Dieses Seminar war es NICHT! Erziehung ohne Leine funktionierte mit den dort ausgebildeten Hunden nur, wenn ABSOLUT keine Ablenkung vorhanden war.

 

= alle Hunde der Kursteilnehmer wurden weit weggesperrt

= vieeeeeeeeele Frankfurter Würstchen wurden gebraucht

= zusehende Menschen mussten mucksmäuschen-still sein 

 

Auf meine Frage, wie denn ein Gruppenunterricht abgehalten werden könnte, kam als Antwort: „Das geht nur einzeln". Zu dieser Zeit leitete ich noch selbst Kurse und es war rätselhaft, wie ich denn (neben meiner eigenen beruflichen Tätigkeit) die vielen erforderlichen Stunden für meine bis zu 15 Kursteilnehmer unter einen Hut bringen könnte. Ich sah auch nicht die Sinnhaftigkeit von Einzelschulungen. Es schien mir immer mehr, reine "Geldmacherei" zu sein. Die Kreativität und das schauspielerische Können mancher "Trainer" war allerdings tatsächlich beeindruckend - wenn auch leider negativ.

 

In meinen eigenen Kursen suchte ich nach Ablenkung

 

Mit anderen Hunden gleichzeitig auf der Ausbildungswiese zu arbeiten war wichtig. Das tat ich immer mit meinen eigenen Hunden sowie mit allen meinen Schülern. Läufige Hündinnen waren eine ausgezeichnete Ablenkung und höchst willkommen. Blieb der Rüde tatsächlich liegen? Beim Kommando "Platz" (Ablegen des Hundes) warf ich Spielzeug, rollte Fleischknochen am Boden, ging zwischen den sitzenden Hunden, hüpfte über sie drüber, starrte ihnen in die Augen, fasste deren Besitzer an, ließ wirklich (!) laute Musik am Platz laufen, machte Stadtübungen, legte „meine“ Schüler vor Wurst-Stände etc.. Ich sprach mit Händen & Füßen und verwendete gerne, zwecks mehr Tempo zu erreichen, eine Triller-Pfeife. Wenn ein Hund auch unter extremen Bedingungen die Kommandos befolgte – nur dann (!) - war er ausgebildet.

 

Obwohl ich auch die Prüfung zum Kursleiter inne hatte, war es mir wichtig, niemals selbst Prüfungen abzunehmen, sondern neutrale geprüfte Leistungsrichter zu bestellen. Diese machten gegen kleines Entgelt ihren Job und waren absolut unbestechlich. Eine Begleithund-Prüfung "BGH-A" bzw. "BH-A" (nur mit Leine) hatte ich nie gelehrt, denn das hieß für mich, der Hund kann wenig. Wenn Prüfung - dann leinenlos.

 

Da ich ehrgeizig war, stand an (fast) oberster Stelle für mich: Wie schneiden meine Schüler ab? Eine neutrale, ehrliche Punktevergabe war mein Wunsch. Meine Schüler und ich waren leider nicht die allerbesten – aber bei einer großen Versammlung der ÖHU wurde mitgeteilt, dass wir im „GUTEN MITTELFELD“ lagen. Ich war zufrieden. Ich bildete später beide Stile aus - ÖKV sowie ÖHU. Ich suchte mir aus allem das Beste raus. Meine Schüler lernten auch einiges, was in keiner Prüfung stand, wie das Springen über Hürden oder verstecken und erschnüffeln. Abwechslung tat Mensch und Tier gut. Meine Schüler sollten ihre Vierbeiner auch in Alltagssituationen gut händeln können sein und nicht, wie in anderen Vereinen, nur am Ausbildungsplatz funktionieren.

 

Ganz spannend und lustig waren zum Abschluss jedes Trainings unsere Wettläufe, ähnlich einem Sessellauf. Die erlernten Kommandos wurden mit sehr hohem Tempo angesagt. Es schied immer wieder das langsamste Mensch-Hund-Team aus. Wenn nur noch zwei übrig waren, fand zwischen den beiden "Ablegen mit Hereinkommen" statt. Der Hund, der am schnellsten bei seinem Besitzer war, bekam ein Leckerchen und der Besitzer ein Getränk gratis. Hierbei waren meine Schüler sehr ehrgeizig.

 

Welche Hundeerziehung empfahl ich ?

 

Den nächstgelegenen Gruppenkurs mit Prüfung bei einem alteingesessenen Hundeverein sollte man besuchen. Dieser dauerte zwölf oder mehr Wochen. Dort unterrichteten meist ehrenamtliche Trainer, die mit Elan und Herzblut an das Thema herangehen. Es gab beste ÖKV- oder ÖHU-Vereine. In denen fand man vernünftig denkende Profis. Die Kurse waren auch nicht teuer. Zu meiner Zeit kostete ein kompletter zwölfwöchiger "Abrichtekurs" nur € 15,00 pro Hund. Ich mahnte: "Besucht bloß KEIN super-teures Einzeltraining  - schon gar nicht mit anti-autoritären Pseudo-Trainern!" In der Gruppe machte es Spaß und war, durch die wichtige Ablenkung, viel empfehlenswerter als einzelne Trainingsstunden. Die Devise war: Durchhalten!  Auch wenn es anfangs noch so schwer sein möge - nach 10 - 12 Wochen hatte man (sofern man seine Hausübungen machte) „wie durch Zauberhand" einen - wohlerzogenen - Hund.

 

Als ich erstmals meine Meinung zu der immer schlechter werdenden Hundeausbildung veröffentlichte, hatte ich längst aufgehört Gruppenkurse anzubieten. Demnach war ich kein "Mitbewerber" mehr. Ich konnte Beiträge entspannt schreiben, da ich überhaupt keine Konkurrenz für gute Hundeschulen mit Gruppenkursen war. Auch schlechten Pseudo-Trainern mit Einzelunterricht nahm ich kein '"Geschäft" weg. Wie viele damals wussten, konnte ich es mir leisten, für mich spannende Fälle (= grundsätzlich herrenlose und/oder SEHR schwierige Hunde) auszubilden. Zu anderem fehlte mir die Muße. Große Hundevereine waren besser aufgestellt - auch weil sie Agility-Plätze vorhielten und Schutzhelfer beschäftigten.

 

Seitens der Ämter wurde in Juli 2020 Neues kreiert. Es gab nun die Möglichkeit, vom einfachen Trainer zum geprüften „tierschutzqualifizierten Hundetrainer" aufzusteigen. Ich wurde eingeladen, doch diesen Kurs zu besuchen. Meine amüsante Antwort an die Behörden, hätte man sich wohl einrahmen können. Las man sich die behördlichern Unterlagen durch, war einiges von mir, als Praktikerin, zum Haare-Raufen. Ich bat (in weiterer Folge intensiver) Hundebesitzer (insbesondere diejenigen, die dominante Hunde hatten), bei der Ausbildung ihres Vierbeiners gut zu schauen bei WEM und WIE man trainierte. Zu viele "tierschutzqualifizierte Ergebnisse" würden wohl sinnfrei in Tierheimen landen. Das erlernte Fehlverhalten wäre für andere, gute Hundetrainer, dann schwer wieder auszubessern.

 

Ich kam im Laufe meines Lebens zu dem Schluss: Alles "ALTE" war nicht immer schlecht - weder in der Menschen- noch in der Hundeschule.