Jahrzehntelang beschäftigte mich ein überaus nerviges Thema immer und immer wieder. Es war die meist sehr schlecht sitzende Kleidung unserer vierbeinigen Hotelgäste. Viele Halsbänder grenzten schon an ein Strangulieren des Hundes oder waren dermaßen weit, dass der Sinn des Führens an der Leine völlig verloren ging. Ob es teure, mit Strass besetzte, oder einfache lederne Bänder waren, spielte keine Rolle. Das System war das gleiche. Wenn ein Rausschlüpfen aus dem Halsband nicht möglich sein sollte, mussten die Halsbänder eng eingestellt werden. Für meinen Geschmack viel zu eng.
Dabei waren sinnvolle Textil-Halsbänder vom Wert her gering. Diese kosteten, je nach Größe, zwischen € 3,99 und € 9,99. Dieses Hundezubehör verursachte aber laufend "spannende" langwierige Diskussionen.
Entweder die Halsbänder waren zu weit eingestellt, sodass bei kurzem Zurückziehen man die Leine mit Halsband - ohne Hund - in der Hand hatte. Einen unbekannten Hund mit solch einem Band ins Rudel führen war reine Glückssache. Meistens machte ich in solchen Fällen mit meiner normalen Leine eine „Schlinge“ und führte ihn dann so in sein Zimmer. Noch schlimmer war, wenn die Bänder viel zu eng eingestellt waren, sodass der Hund ständig gewürgt wurde. Manchmal waren die Bänder bereits am letzten Loch, sodass ich dieses Halsband unbedingt tauschen musste. Wenn ein Hund ständig gewürgt wurde, führte das zu negativer Wesensveränderung. Wie würde ein Mensch reagieren, wenn dieser ewig einen einschnürenden Schal trüge? Hundegeschirre und Ketten waren in meinem Rudelbereich gänzlich nicht erlaubt.
Nun könnte man meinen, die Tiere komplett nackt laufen zu lassen. Das wäre das Sicherste. Das würde aber für Tierbetreuer auch nicht funktionieren, da beim Hinein- und Hinausführen die Hunde gehändelt werden mussten. Bei Kleinsthunden ginge das ja noch, aber tragen Sie Mal einen 45 Kilo Hund! Weiters musste irgendwo am Tier eine Kennzeichnung mit Namen befestigt werden. Zu dem Thema komme ich noch.
Es ging nicht um zusätzlichen Umsatz
Ich war kein Zubehör-Verkäufer und interessierte mich wenig, zusätzliche Umsätze zu generieren. Als Beispiel: Wenn ich zum Friseur ging, hasste ich es, wenn versucht wurde, mir während der ganzen Prozedur irgendwelches Spezialbalsam oder Hautcreme aufzuschwatzen. Selbst bei der Friseur-Kassa ging das Verkaufsgespräch dann weiter: "Brauchen Sie noch eine Handcreme?" Es war mir unangenehm alles abzusagen und fühlte ich mich bei denen nicht wohl. Ich war doch nur da, um mir meine Haare schneiden zu lassen. So etwas sollten meine Kunden bei mir nicht erleben. Deswegen verkaufte ich auch kaum etwas in meiner Tierpension. Wenn ich etwas an Zubehör verkaufte, dann war das absolut notwendig. Die Tierbesitzer suchten eine gute Betreuung von ihrem Haustier und keine nervigen Verkaufsgespräche. Ich wollte mit meinen Kunden so umgehen, wie ich selbst gerne behandelt worden wäre.
Generell war ich kein Gegner von hübschen Halsbändern, Ketten, Geschirren oder Mäntelchen, jedoch war diese Kleidung in meinem Tierbereich gefährlich oder würde garantiert kaputt gehen. Ich machte mit Ketten eine einzige spezielle alptraumhafte Erfahrung. Dazu muss ich aus meinen frühen Anfängen in meinem ersten Haus in Lamprechtshausen erzählen: Ich hatte ein gut eingespieltes Rudel mit fünf Hunden in Betreuung, welche - durch ein halbhohes Gitter getrennt - direkt mit mir im Wohnzimmer lebten. Über die Fenster hatten wir breite Holzrampen in ein hoch eingezäuntes Außengehege gebaut. In dieser Gruppe befanden sich auch ein lieber heller Labrador und ein freundlicher Neufundländer. Beides waren verspielte, gutmütige Rüden.
Wortwörtlich unlösbares Problem
Die Gruppe lebte bereits einige Tage zusammen. Auf einmal hörte ich aufgeregtes Bellen und leichtes Jaulen. Was war da passiert? Ich sprintete in das Hunderudel und kletterte über die Rampe ins Außengehege. Der Labrador war mit der Pfote in der Kette des Neufundländers hängen geblieben. Ich sagte mir: "Nerven bewahren! Jetzt erstmal Ruhe reinbringen." Alle waren – Gottlob - wohlerzogen und legten sich auf mein scharfes „PLATZ“ hin. Wo lag das Problem? Der Labrador war mit seiner Pfote unter die Langglied-Kette des Neufundländers geschlüpft und hatte sich dermaßen verdreht, sodass er dort festhing. Die Kette bildete so zu sagen einen „Achter“.
Mein Versuch, dem Neufundländer die Kette noch enger zu ziehen, scheiterte. Der Neufundländer bekam somit noch weniger Luft und die geschwollene Pfote des Labradors bekam ich so nicht raus. Umrollen vom Labrador hätte nie funktioniert. Beide lagen brav PLATZ. Noch heute bin ich meinem damaligen Nachbarn dankbar, der das Problem von seinem Balkon aus beobachtete. Er kam, samt einer Art Beißzange rüber und zerstörte damit die Kette. Der Labrador humpelte dann zwar zwei Tage – aber bis zur Abholung war es längst wieder gut. Wer so einen Horror erlebte, wird verstehen, dass ich auf Ketten extrem allergisch reagierte. Mit diesem Halsschmuck kam mir kein einziger Hund mehr in meine Rudel. Nie wieder wollte ich in solch eine Lage kommen. Das passierte daher auch nie wieder.
Bei Mehrhundehaltung musste alles stabil sein
Ähnlich verhielt es sich mit Hunde-Geschirren – ein Hund könnte mit der Pfote reinschlüpfen und sich irgendwie verdrehen. In Hunde-Mäntelchen sah ich keinen Sinn. Es war bei uns immer warm genug im Hundebereich. Wem zu kalt war, der musste ja nicht raus – außer kurz während der Generalreinigung eines Rudels. Es war zwar bei Geschirren und Mänteln noch nie ein Unfall passiert – aber wollte ich nicht riskieren. Alles, was nicht aus Stein, Hartkunststoff oder Metall war, konnte kaputt gehen. Ein gefüttertes Mäntelchen hätte in einem verspielten Rudel kaum Überlebenschancen. Da meine Gäste die Möglichkeit hatten, Tag und Nacht rein- und raus zu laufen, fragte man sich, wer das Mäntelchen immer an- und ausziehen sollte. Demnach waren Mäntelchen in meinem Haus Unsinn.
Es war was ganz anderes, wenn ein Tierbesitzer einen oder zwei Hunde hielt, als in einer Tierpension. Nicht jeder Hund war so brav und ruhig, wie der eigene Hund. In einer Hundegruppe befanden sich oft auch sehr lustige Exemplare. Manch ein, daheim wirklich braver, Hund fand in der Tierpension großen Gefallen, mit den anderen zu spielen. Wenn zwei an einer Decke rissen, dann zog der sonst bravere Hund auch gerne mit. Wenn man dann ins Gehege ging und fragte: "Wer war das?", sahen alle Gäste einen völlig unschuldig an.
Ein braver Weimaraner war mit feinem, weichen Lederhalsband und dazu passender Leine in die Tierpension gekommen. Es war ein edles Set aus irgendeinem besonderen Wild-Leder. Eines Tages fand ich im Außengehege davon nur noch zwei Metallschnallen samt Hundemarke. Irgendjemand hatte das komplette Lederband aufgefressen. Auf mein: "Wer war denn das?", folgten natürlich wieder nur treuherzige Blicke. Dem nackten Weimaraner wurde natürlich meine Uniform samt intakter Marke angelegt. Bei Abholung musste ich dem Hundebesitzer erklären, warum das Set nicht mehr vollständig war. Der freundliche Besitzer nahm mir das nicht krumm, sondern meinte dazu nur: "Da sieht man, dass die Hunde ihren Spaß hatten. Sie selbst haben das Band ja auch nicht gefressen."
Deshalb gab ich jedem Kunden immer Bescheid: „Ich übernehme für den Hund samt Impfausweis die Verantwortung, aber nicht für mitgebrachtes Zubehör“. Lieber war mir ein einfaches Halsbändchen als eines, was mit edlen Steinen besetzt war. Das mit den feinen Steinen könnten die Kunden ja gerne Zuhause verwenden. Auch meine eigenen Hunde hatten ihr Alltagshalsband und ein schönes zum Fortgehen. Die Eigentümer der Hunde waren hier grundsätzlich vernünftig und wenn ein gar zu wertvolles Polster mitgegeben wurde, da legte ich das zur Seite und lieber eine gut waschbare Decke von mir dazu. Wenn mein eigenes Zubehör kaputt ging, war das nicht tragisch. Oft bekamen wir von Tierfreunden auch alte Decken und anderes Tierzubehör geschenkt.
Aktion Gratis-Halsbänder
Nun herrschte, wie in vielen Hotels der Region, auch bei mir besinnlich-gemütliche Nachsaison mit weniger "Hotelgästen". Somit blieb Zeit, sich um perfekte Betriebsabläufe zu kümmern. Es mag überheblich klingen, aber mein Betrieb war wenig verbesserungswürdig. Bei der Kleidung der Gäste musste aber nachgebessert werden. Daher beschloss ich, jedem Kunden ein vernünftiges Halsband zu schenken.
Über Geschenktes würde sich meine Kunden bestimmt nicht beschweren. "Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul", traf zu. Rechnete ich meinen Stundenlohn für das nervige Diskutieren mit Kunden, stand das in keinem Verhältnis zu dem geringen Einkaufspreis eines Halsbandes. Ein Großeinkauf von „Halsbändern mit begrenztem Zug“ folgte. Das Jahr 2019 wurde zum "Probejahr" erklärt. Es bekamen alle, bei denen mir das Halsband nicht zusagte, ein gutes Gratis-Halsband. Fast alle Kunden benötigten meine "Uniform". Bei Neukunden legte ich die passende Größe bereits zum Pensionsvertrag und Karteiblatt. Ich veröffentlichte dazu im Netz diesen Text:
Gilt für ALLE Hunde von Januar bis Dezember 2019: Mal sehen, zu wie vielen und welchen Gesprächen oder Argumentationen es seitens meiner Kunden kommen wird. Ich frage mich selbst reflektierend: Wurde ich im Laufe der Jahre bezüglich Halsbändern zu empfindlich? Wie auch immer. Wir verwenden nun eine Uniform, nämlich das Halsband "ART SPORTIV Würger mit Stopp". Bei uns werden keine Hunde gewürgt, schlüpfen nicht mehr beim Führen aus den Bändern und verlieren diese auch nicht mehr im Gehege.
Sehr oft (ca. 60 % !) erscheinen Gäste mit Leder-, Nylon- oder Plastikhalsbändern, die dermaßen fest geschnallt sind, dass das Tierchen andauernd Druck um den Hals hätte. Natürlich haben wir diese bei uns weiter gestellt, da dieses Würgen auch zu charakterlichen Veränderungen führen kann. Oder das Gegenteil ist der Fall (ca. 30 % !). Das unsichere viel zu weite Halsband hängt dermaßen locker, dass der Hund bei Zurückweichen ohne Halsband dasteht bzw. sich schüttelt und es ist weg. Auch der unstabile Verschluss ist ein Thema. Nur ca. 10 % (!) der Hundehalsbänder sind ganz in Ordnung.
Auf der einen Seite soll ein Halsband im Bedarfsfall sicher sein – auf der anderen Seite soll der Hund frei atmen können. Die weit verbreitete Meinung, es müssen zwei Finger zwischen Halsband und Hals passen, kann ich nicht teilen. Ich finde das viel zu eng. „So weit wie möglich – so eng wie nötig“ klingt besser. Bei meinen eigenen Lieblingen passt (im nicht angeleinten Zustand) jeweils die komplette Hand locker durch. Wenn ich Hunde an der Leine führe, zieht sich das gute Halsband so weit zusammen, dass der Hund nicht rausschlüpfen kann, jedoch auch nicht gewürgt wird.
· Warum in der Tierpension keine Geschirre ? Wegen Verletzungsgefahr !!!
· Warum in der Tierpension keine Ketten ? Wegen Verletzungsgefahr !!!
· Warum keine Würgehalsbänder ohne Stopp ? Um Gottes Willen !!!
· Warum keine Mäntelchen ? Weil unnötig !!!
Warum in der Tierpension überhaupt ein Halsband ? Weil wir den Hund auch mal an der Leine führen müssen - und sei es nur, um es bei Ankunft in die Gruppe oder bei der Abholung hinaus zu begleiten. Weiters ist eine Kennzeichnung mit dem Namen hier im Haus verpflichtend .
Zum besseren Namensplaketten-Verständnis ein Beispiel: Wir hatten „Full-House“ und VIER schwarze Labradore unterschiedlicher Besitzer waren zu Besuch. Nun vertrugen sich diese wunderbar und wir hielten sie samt zwei Golden Retrievern in einem Rudel. In der Hauptsaison helfen bei uns alle im Tierbereich mit, sodass drei unterschiedliche Betreuer unterwegs waren. Die "gleichgesinnten" Labradore hatten den in ihrer „Retriever-Party" größten Spaß zusammen. Für uns Betreuer war es auch lustig und schön anzusehen. Jedoch waren sich die schwarzen Retriever dermaßen ähnlich, sodass wir mit Chiplesegerät anhand der Kartei immer wieder nachsehen mussten, wer WER ist (ein Gast bekam 2x täglich spezielles Futter). Während wir nachblätterten änderte sich der Aufenthaltsort des „Chipausgelesenen“ – sodass das ein sinnlos-zeitaufwändiges Hin- und Her ergab. Bitte stellt euch diese lebhafte Situation bildlich vor!
Wir haben uns nun schon seit vielen Jahren dran gewöhnt, überhaupt nicht mehr in den schriftlichen Unterlagen herumsuchen zu müssen, wenn ein Betreuer das Tier ansprechen möchte. Warum eine Plakette auch für den Tierhalter Sinn macht, habe ich mal in einem anderen Blogbeitrag (Bello läuft weg) beschrieben. Ich tendiere, entgegen meiner toleranten Natur, immer stärker dazu, auch hier dominant und diskussionslos zu bestimmen: Halsbänder mit Zug-Stopp sind genauso verpflichtend wie Namensschilder. Ich möchte hier nicht mehr mit unmöglichen Halsbändern arbeiten = es muss sowieso was anderes drauf.
Die "Hunde-Uniform" wurde von meinen klugen, toleranten, tierlieben Kunden wunderbar angenommen. Da die Halsbänder ausgingen und diese extra für mich, in hoher Stückzahl, speziell angefertigt wurden, musste in weiterer Folge ein geringer Preis dafür bezahlt werden. Bei gut sitzenden Hundehalsbändern, konnte das mitgegebene Band natürlich verwendet werden. Wenn das allerdings nicht der Fall war, musste ich den Besitzer von unserer "Uniform" überzeugen. Daheim könnten sie ja wieder "Strass" tragen. Viele der Besitzer blieben auch bei sich Zuhause bei meinem Halsband - einfach, weil es ein bequemes, tierfreundliches, sinnvolles Halsband war.
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